Montag, 7. April 2014
Vom Eise befreit sind Strom und Bäche, ...
..., durch des Frühlings holden belebenden Blick.

Wieso kommen diese Worte aus der Feder von Goethe und nicht aus der eines russischen Schriftstellers? Ein paar frühlingshafte Sonnenstrahlen schaffen es hier zwar dicken Eisschichten auf den Fußwegen zu schmelzen aber für einen zugefrorenen Fluss müssen da andere Kaliber ran.

Samstag morgen früh um 7 wurde ich aus meinen nicht gerade wohlverdienten aber nichtsdestoweniger benötigten Schlaf gerissen. Ein Stakkato aus Explosionen während einiger Stunden in der ganzen Stadt zu hören. Nachdem ich halbwegs klar denken konnte und eine Eskalation der Krim-Krise auschließen konnte wurde mir schnell klar dass das Flusseis gesprengt wird.
Dem Ein oder Anderen kommt es mit Sicherheit komisch vor wieso man eine Eisschicht sprengen muss obwohl die schon dabei ist sich selber aufzulösen.
Wer auf die Karte schaut sieht dass der Fluss Tom von Süden nach Norden fließt. Im oberen Teil taut es somit eher als im unteren und sorgt dafür dass sich Treibeis wunderbar aufstauen kann und zu nem veritablen Hochwasser führen kann.
Aber abgesehen von der Gefahr ist es einfach nur genial anzusehen wie Eisschollen von bis zu einem Meter Dicke den ganzen Fluss bedecken und vorbeiziehen.

Praktischerweise war ich 2 Tage schon da um ein paar Bilder zu machen und kann euch einen kleinen Einblick vorher, währenddessen und nachher(ist in noch Arbeit) geben.

So sah es vor einem Monat aus,


und so vor ein paar Tagen.









Man beachte die riesig wie hässlichen Dämme aus grauem Stahlbeton. Ich hab mich lange gefragt wieso man die so potthässlich gestalten musste und hab das mit den üblichen Klischees die man so über die Russen hat abgetan.
Der Fluss ist innerhalb eines Tages um 10m gestiegen. An anderen Stellen am Ufer haben sich innerhalb von wenigen Minuten große Eistürme aufgebaut und Teile der Wege am Ufer mit Eis bedeckt. Irgendwie haben die Betonklötze danach mehr Sinn gemacht.









In Bewegung sieht das Ganze dann so aus.
eisdrift (MOV, 8,064 KB)

Überhaupt scheint diese Episode großen Symbolcharakter zu besitzen. Russland und die Russen sind nicht bekanntermaßen nicht gerade filigran und wenn Sachen „russisch“ gelöst werden ist das auch selten ein Lob.

Aber unter den hiesigen Bedingungen musste ich meine Vorstellungen über den Haufen werfen und die Sachen neu bewerten.
Der Winter ist arschkalt und die Sommer kurz. Da kann man noch so viel Mitleid mit Tieren haben an Pelz oder Daune kommt man hier nicht vorbei. Tomsk ist von Wald und Sümpfen umgeben wer da versucht im Einklang mit irgendwas zu leben versinkt, wird von Mücken erstochen, vom Bären gefressen oder erfriert einfach.
Ich bin ein großer Freund des Winters und doch nicht gerade kälteempfindlich aber nach einer gewissen Zeit hat ist mir das Wetter gehörig auf die Nerven gegangen. Und dabei war es schon ein ungewöhnlich warmer Winter. Man kann bei konstant unter -20°C zwar gemütlich überleben aber leben wird schwierig.
Die nächsten beiden größeren Städte die es wert sind besichtigt zu werden sind Novosibirsk und Krasnojarsk und die sind 5 bzw. 12Stunden mit Bus und Zug entfernt.
Wer also über die russische Mentalität redet sollte solche Dinge im Hinterkopf haben.
Mit Mitteleuropäischen Maßstäben kann man hier einfach nicht hantieren.
Die harten Umstände prägen die Kultur nach wie vor.

Wie es möglich ist dass hier trotzdem es hier so viele unglaublich hübsche Frauen gibt bleibt mir allerdings immer noch ein Rätsel. Gerüchten zufolge klagen einige meiner Kommilitonen schon über Nackenschmerzen vom vielen Umdrehen.



Donnerstag, 13. März 2014
Ich wurde gewarnt mit Sibiriaken auf den Berg zu gehen, aber keiner hat was gesagt von in den Berg gehen.
Am Wochenende war es so weit, das stundenlange Techniktraining am Seil hat seinen Sinn bekommen. Zum Internationalen Frauentag (8ter März) ,der hier richtig wichtig ist, veranstaltet der Verein AlTus immer eine Höhlenbegehung. Und so ging es diesmal für ein Wochenende nach Krasnojarsk. Es sind zwar 12h Zugfahrt für eine Strecke aber wenigsten konnten wir über Nacht fahren und daran dass das Land einfach riesig ist hab ich mich schon gewöhnt.
Unterwegs wurde mir dann der ganze Plan offenbart. In der Vorbereitung war ich etwas verwundert darüber dass keiner von Schlafsachen gesprochen hat. Ich habs auf meine Sprachkenntnisse geschoben. Es sollte sich herausstellen dass die Anreise doch zu lang ist als dass man Zeit mit Schlaf vergeuden könne. Der Plan sah vor einfach die ganze Nacht in der Höhle zu bleiben und Sonntag zurück zum Bahnhof zu machen und auf der Rückfahrt zu schlafen.
Also versuchte ich soviel wie möglich Schlaf zu genießen und so viel wie möglich Energie in Form von Torte, Instantnudeln, Mandarinen und Brot mit Mayonnaise in mich zu stopfen.

Samstag morgen ging es mehr oder weniger ausgeschlafen mit Bus durch Krasnojarsk und 8km durch den Wald.
Der Frühling hat im übrigen auch hier Einzug gehalten. Es waren nur -5°C und der Schnee war damit so warm dass er auf den Schuhen geschmolzen ist. Somit konnten sich die Füße schonmal an das kalt-feuchte Klima der Höhle gewöhnen.

Mit allem Vorbereitung sind wir dann gegen Mittag eingestiegen oder besser gesagt haben uns 70m in ein dunkles Loch abgeseilt. Die folgenden 17h waren gespickt unglaublich großen Grotten, ein paar schicken Tropfsteinformationen, Kriechgängen die einen über eine Diät nachdenken lassen und als Highlight ein knapp 100m langer Mäander. Und das alles Im Schein unserer Stirnlampen.
Noch ein paar technische Daten zu Beginn: Die "Торгашинская пещера" liegt ein paar Kilometer südlich von Krasnojarsk in den Ausläufern des Sajangebirges. Es ist eine Karsthöhle in der sich allerdings schon massenhaft Lehm angelagert hat, was sich vor allem beim waschen der Kleidung bemerkbar gemacht hat. Der tiefste Punkte, wo wir natürlich waren, liegt 176m unter der Oberfläche und es gibt knapp 3km Weg. .



Kurz darauf durfte ich mir eine Gemecker über Schnee im Nacken anhören. Manchmal ist eben doch besser wenn man nichts versteht.

Die erste Grotte nach dem Einstieg hat hat den wunderbaren Namen „Schreckliches Dreieck“ bekommen. Die Höhlenforscher sind anscheinend genauso kreativ wie Erschließer von neuen Kletterrouten.


Wenn man allzu beleibt ist wird es hier eng. Ich habe schon darüber nachgedacht vor der nächsten Höhlenbegehung etwas abzunehmen.

Ich gelobe mich nicht nie wieder über abgeschmierte Griffe in der Kletterhalle zu beschweren. Schlimmer als feuchte und glatte Kalkablagerungen kann es nicht werden. Ich bin dreimal komplett weggerutscht. Zweimal hab mich mit dem Schienbein auf die unsanfte Tour abgebremst und einmal bin ich nach einem Meter einfach steckengeblieben. Daraufhin hab ich den vorherigen Plan eine Diät zu machen wieder verworfen und werde meinen Bauch weiterhin pflegen.

Viele der Bilder sind etwas irreführend da sie suggerieren dass man viel Licht da drin hat. Diese Bilder sind nur mit dem Licht unserer Stirnlampen und einer ruhigen Hand entstanden.


Zur Fortbewegung haben wir dir bewährte Einseiltechnik verwendet.
Die Erkenntnis dass der einzige Lebensretter nen 10mm Nylonstrick ist, ist für Kletterer nichts Ungewohntes. Das dieser Strick gleichzeitig auch der einzige Kontakt zur Außenwelt ist war für mich neu. 100 Meter Kalk und Ton schirmen Licht, Geräusche und Funksignale recht effizient ab. Und im Falle des Falles dürfte als erstes das Licht der Stirnlampe erlöschen was die Vorstellung nicht angenehmer gemacht hat. Jeder hat ein kleines Survivalpaket bestehend aus einer Kerze und Schokolade mitgeführt was die Zeit immerhin angenehmer gemacht hätte.

Pausen müssen sein und etwas Luxus auch. Irgendwer hat tatsächlich einen Kronleuchter in der Höhle aufgehängt.



Zum Schluss noch ein kleiner Dank an das klasse Team was mich trotz vieler Verständigungsproblem mitgenommen hat.



Dienstag, 11. Februar 2014
Was macht man hier Teil 2
Neben den Aktivitäten die überall die gleichen sind also feiern, rumhängen mit den anderen Studenten und diverse Aktivitäten vom örtlichen Internationalen Verein gibts hier recht viele Sportmöglichkeiten.
Natürlich hab ich an die Kletterer, Bergsteiger und Höhlenbegeher rangehangen. Allerding meint Natur mit den Bedürfnissen der Leute wieder mal nicht so gut. Soll heißen in der Umgebung isses elendig flach. Dafür werden die entsprechenden Trainingsmöglichkeiten einfach selber geschaffen.
Und für russische Verhältnisse sind anständige Kletterfelsen nicht weit weg. Also nur 10-15h Anfahrt.





Ich verweise mal auf die eher gewagten Sicherungsmethoden.

Einstrangseiltechnik - oder wie kommt man wieder heil aus der Höhle raus. Zum Glück wird an der Stelle bedeutend mehr Wert auf ne anständige Sicherung gelegt.